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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


David Schraven macht künftig „Post von Wagner“

Der Ruhrbarone-Blogger und Möchtegern-Leyendecker David Schraven war mir schon mehrfach als pöbelnder Zeitgenosse aufgefallen. Als Enthüllungsjournalist ist man allerdings nur unwesentlich mehr wert als seine Informanten, die einem Vertrauen schenken, weil man ihnen ein Sprachrohr gibt. Man ist ein besserer Briefkasten, selten mehr. Natürliche Bedrohung dieser gefühlten Position des Alpha-Journalisten ist WikiLeaks, die den Job ungleich effizienter machten.

Heute nun beleidigt Schraven die Leser mit einer unterirdischen Story in „Der Westen“ über WikiLeaks-Aussteiger Daniel „Schmitt“ Domscheit-Berg. Eigentlich nicht einmal über ihn, sondern über dessen Frau. Der Möchtegern-Leyendecker hat nämlich spitz gekriegt, dass Domscheit-Berg verheiratet ist, was unter professionellen Journalisten eigentlich als Privatleben gilt und von keiner journalistischen Relevanz ist. Eine solche könnte man mit Fussnägelrollen noch konstruieren, weil sich die politisch interessierte Frau per Twitter usw. positiv über WikiLeaks geäußert hat, was allerdings nicht wirklich ein Thema ist.

Nun hat Jahrhundert-Journalist Schraven jedoch „recherchiert“, dass die Frau des Ex-WikiLeakers für ein weltbekanntes Softwarehaus arbeitet und dort mit PR befasst ist. Und da Schraven noch immer nicht der großen Coup für seine Leyendecker-Karriere zugeflogen ist, saugt er sich den heute aus den Fingern und beginnt eine Karriere als Verschwörungstheoretiker:

Fördert [Firma] WikiLeaks?

Die Frage ist, ob eine [Firma]-Lobbyistin auf diese Weise WikiLeaks öffentlich unterstützen kann? Hat sie eventuell sogar noch mehr gemacht? Ist sie etwa im Auftrag von [Firma] eine der heimlichen Unterstützerinnen im Hintergrund von WikiLeaks?

Meine Fresse … Dass sich selbst ein Schraven noch unter sein Niveau begeben kann und „Post von Wagner“ zu unterbieten versucht, also ne, wirklich …

Was der Super-Journalist NICHT schreibt: Beide hatten ihre Berufe bzw. Positionen schon sehr lange, bevor sie einander per Zufall kennenlernten.

Kompa an Schraven:

  • Auch die Frau eines WikiLeakers darf privat Twittern und von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch machen. Es gibt keinen Anlass, ihren Arbeitgeber oder ihr Arbeitsverhältnis in Misskredit zu bringen.
  • Behauptungen in Frageform sind presserechtlich trotzdem Behauptungen, für die man ggf. Beweis erbringen muss. Auch für Verdachtsberichterstattung gibt es gewisse Regeln.
  • Die WikiLeaker sind Kollegen von Journalisten, die euch kostenlos zuarbeiten. Gewisse Dinge tut man einfach nicht.

Die Firma, die Schraven gnädigerweise befragte, blieb locker: Privatsache ist Privatsache, soziales Engagement von Mitarbeitern wird sogar geschätzt. Warum Schraven zur Hetzjagd aufruft und hirnrissige Verschwörungstheorien ausgibt, muss man nicht verstehen.

UPDATE: Schraven ist offenbar nicht mehr bei den Ruhrbaronen.

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Ein Kommentar

  1. Links anne Ruhr (04.10.2010) » Pottblog

    […] WAZ-Mediengruppe) sorgt für Aufsehen – siehe dazu auch beispielsweise den Blogbeitrag David Schraven macht künftig Post von Wagner und eine bisher unkommentierte Reaktion von Microsoft in den Kommentaren bei […]

    #1 Pingback vom 04. Oktober 2010 um 06:25

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