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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Das Abhören geht auch ohne Zusatzabkommen weiter

Die Atmosphäre auf Hacker-Camps ist schon etwas außergewöhnliches. Während man beim Campen normalerweise eher low tech unterwegs ist und gegen die Elemente wie Sonne, Wasser und Wind kämpft, stehen hier die Zelte voller IT. Strom und Netzzugang haben hier auf der OHM2013 höchste Priorität. Angeblich steht den 3.000 Hackern im niederländischen Alkmar auf der Wiese eine größere Bandbreite zur Verfügung als Afrika (habe ich jetzt mal nachgeplappert, ohne den Vergleich genau verstanden zu haben …). Aus jedem der Villages dröhnt eine andere Musik, Quadrokopter schwirren durch die Luft, alle 100 m zieht einem der Geruch einer in den Niederlanden besonders typischen Rauchware in die Nase. Bei den denkbar unterschiedlichen Typen fallen nicht einmal Crossdresser auf. Als die Hitze Mitte der Woche ihren Höhepunkt hatte, lief ein Althippie auch bei offiziellen Programmteilen nur mit einer knappen Unterhose bekleidet herum, übrigens ein namhafter Krypto-Entwickler.

Zu Beginn des Camps verteilten Hacktivisten kleine Aufkleber, mit denen Kameras an Handys und Rechnern abgeklebt werden können. Auch habe ich hier mehrere Leute getroffen, die aus Sicherheitsgründen überhaupt keine Handys verwenden. Das mag zunächst paranoid erscheinen, doch am Freitag meldete das nicht für Verschwörungstheorien bekannte Wallstreet Journal, dass sogar das FBI es praktiziert, Kameras und Mikrofone etwa auf Androidgeräten zu aktivieren. Ich habe übrigens seit meiner Anwesenheit auf dem Camp den Eindruck, dass sich mein Akku schneller als gewöhnlich lehrt, … ;)

Ende der Woche hatte die Bundesregierung verkündet, die Abhör-Zusatzabkommen zum Truppenstatut von 1968, die angeblich ohnehin gegenstandslos geworden seien, seien gegenüber Großbritannien und den USA aufgekündigt worden. Tatsächlich aber geht das Abhören heiter weiter. Denn die eigentliche Rechtfertigung beruht auf einer nur für Eingeweihte erkennbaren Formulierung im Truppenstatut, das durch die Zusatzabkommen konkretisiert wurde. Die Gewährleistung von Sicherheit der hier stationierten alliierten Streitkräfte war die Begründung für die Abhörrechte. Da das Truppenstatut aber nach wie vor in Kraft ist, dürfen laut Foschepoth die Geheimdienste der USA, Großbritanniens und Frankreichs in der Bundesrepublik auch weiterhin völlig legal Internet und Telefonate überwachen:

„Wir sind weiterhin verpflichtet, alle Informationen den Alliierten zur Verfügung zu stellen, auf engste Weise mit ihnen zusammenzuarbeiten. Aber auch die Alliierten sind weiter befugt, in Deutschland selbständig nachrichtendienstlich tätig zu werden.“

Definitiv gibt es hier auf der OHM2013 auch Geheimdienstler, nämlich ehemalige Angehörige dieser Branche, die aus Sorge um die Bürgerrechte zu Whistleblowern wurden. Die Experten warnten eindringlich vor dem Überwachungsstaat.

« Whistleblower auf der OHM2013 – Filesharing: Gute Nachrichten für Vodafone-Kunden! »

Autor:
admin
Datum:
4. August 2013 um 10:37
Category:
Allgemein,Medienrecht,Meinungsfreiheit,Überwachung,Zensur
Tags:
 
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