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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


12. Oktober 2012

Geschäftliche Angebote, die man ablehnen muss

Ab und an bekomme ich „tolle Angebote“, diese Woche gleich zwei, darunter dieses:

Sehr geehrter Herr Kompa,

ich bin Account Manager bei XXX und bin auf ihre Seite www.Kanzleikompa.de gestoßen, und wollte nachfragen ob Sie Interesse an einer weiteren Einnahmequelle haben.

Auf dem Marktplatz für Blog Vermarktung XXX  haben Sie die Möglichkeit mit bezahlten Artikeln Geld zu verdienen.

XXX bietet eine Plattform die Blogger, Journalisten und Redakteure mit Agenturen, SEOs und Unternehmen unverbindlich zusammenbringt.
Wir bieten eine Vielzahl an Kategorien an, damit sie auch schnell die passenden Inhalt für ihre Seite bzw. ihren Blog finden.

Die Anmeldung ist für Sie natürlich komplett kostenfrei!
Sie bestimmen als Blogger:

– den Preis für bezahlte Artikel in Ihrem Blog

– ob Sie eine Buchungsanfrage annehmen oder ablehnen wollen

– ob Sie selber Artikel schreiben, oder geliefert bekommen wollen

– die Kategorien, in denen  Sie ihren Blog anbieten wollen

– auf welche Kampagnen Sie sich bewerben wollen.

Wir garantieren Ihnen:

– Auszahlung Ihrer Verdienste (da wir von den Werbetreibenden zuvor Guthaben aufladen lassen)

– zeitnahe Auszahlung Ihrer Verdienste

– Anonymität im Marktplatz

Von § 4 Nr. 3 UWG werten. § 6 TMG habt ihr aber schon mal gehört, oder?

Ich finde es auch irgendwie beleidigend, mir anzubieten, gegen Geld PR zu machen. Also, wenn ihr Summen ab 20.000,- € zu verteilen habt, könntet ihr mich ja mal in ein Etablissement zweifelhaften Rufes einladen, und bei bei Sekt und netter Gesellschaft könntet ihr ja mal so eine leichte Andeutung machen und gucken, wie drauf reagiere … ;) Aber unverlangte Werbe-E-Mails …?!? Wir kommen dann wohl eher nicht ins Geschäft.

11. Oktober 2012

Déjà-vu beim Tatort

Als ich die Vorschau zum kommenden „Tatort“ sah, hatte ich ein Déjà-vu. Dort geht es nämlich um einen ermordeten Enthüllungsjournalist, der kurz vor der Aufklärung der Barschel-Affäre steht und von einem Schriftsteller berichtet wird^, der damals in Genf verwickelt war.

Genau das habe ich nämlich heute getan.

10. Oktober 2012

Barschel-Foto usw.

„Ich habe jedes Verständnis für kritische Nachfragen.“

sagt Sebastian Knauer, jener STERN-Reporter, der vor 25 Jahren am 11.10. im Genfer Hotel Beau Rivage in ein fremdes Hotelzimmer eindrang. Warum Knauer überhaupt die Tür öffnete, obwohl ein „Bitte nicht stören“-Schild an der Klinke hing und auf sein Klopfen niemand herein bat, ist schon irgendwie seltsam. „Hausfriedensbruch“ ist auch in der Schweiz eine Straftat.

Drinnen fand er Aufzeichnungen des Herrn Barschel, die er mal eben ausspionierte und abfotografierte. Wie weit professionelle Journalisten gehen, ist bemerkenswert. Warum er auf die Idee kam und sich die Freiheit nahm, dann auch die Badezimmertüre zu öffnen und damit einen weiteren Privatbereich zu verletzen, ist seltsam, denn was hat ein politischer Journalist in einem fremden Badezimmer zu suchen?

Dass Knauer dann seinen sensationellen Fund fotografierte und der STERN dieses würdelose Foto abdruckte, hat man dann später beim Presserat kontrovers diskutiert. Definitiv allerdings war ab dem Fund der Leiche Interesse der Öffentlichkeit vorhanden, auch der Presserat sah dies so.

Für mich rätselhaft ist die Tatsache, dass die Notizen Barschels über Robert Roloff wie auf dem Präsentierteller im Hotelzimmer lagen und durch den STERN-Reporter sofort zum Bestandteil der Story wurden. Die Polizei hätte die Notizen vermutlich aus ermittlungstaktischen Gründen zurückgehalten. Selbst die Anhänger der schwer vorstellbaren Suizid-These gehen inzwischen davon aus, dass Barschel mindestens einen Sterbehelfer gehabt haben muss. Warum dieser zwar Spuren beseitigte, etwa das Whiskey-Fläschchen ausspülte oder eine Weinflasche verschwinden ließ, aber die „Visitenkarte“ von Roloff hinterließ, ist unverständlich.

Nunmehr kam insofern „Bewegung“ in den Fall, als dass ein Haar gefunden wurde, welches auf die DNA-Struktur des letzten Barschel-Gastes schließen ließe – wäre es nicht aus unerklärlichen Umständen dieses Jahr(!) aus dem Besitz der Staatsanwaltschaft Lübeck verschwunden. „Schlamperei“ erscheint bei einem so spektakulären Fall, bei dem es 1987 bereits genug Ermittlungspannen gegeben hatte, als nur schwer vorstellbar. Es darf bezweifelt werden, dass der nicht mehr existierende südafrikanische Geheimdienst oder die damals lebenden Iraner um Achmed Khomeini heute einen derart weit reichenden Arm in deutsche Behörden hätten. Damit kommen eigentlich nur noch Hintermänner in Deutschland oder dessen Partnerdienste in Betracht. Irgendwie unangenehm …

9. Oktober 2012

Der geheimnisvolle Brief des Uwe Barschel

In den letzten Jahren habe ich mich mehrfach mit dem Barschel-Fall befasst. U. a. traf ich diesen Sommer in Lübeck den leitenden Oberstaatsanwalt a. D. Heinrich Wille, der in den 1990er Jahren die spektakulären wie umstrittenen Ermittlungen durchsetzte und mir für einen auf seinem Buch basierenden Beitrag viele Fragen beantwortete.

Von den vielen Puzzle-Stücken dieses Rätsels hatte ich eines unkritisch verworfen und mich auf das einhellige Urteil der Journalisten verlassen: Den angeblich vom MfS gefälschten Brief, den Barschel scheinbar am Tag nach seinem Rücktritt an den „Parteifreund“ Stoltenberg schrieb und für sein Angebot einer Übernahme der alleinigen Schuld eine Existenzsicherung forderte. Hierzu stellte er ein kurzfristiges Ultimatum, das mit seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss hätte enden sollen. Einen Tag des Ablaufs wurde er unter denkbar mysteriösen Umständen aufgefunden.

Der 1988 mit einer Echtheitsprüfung beauftragte forensische Sprachwissenschaftler Raimund Drommel glaubt auch heute nicht an eine Fälschung. Eine sprachpsychologisch überzeugende Inszenierung eines vierseitigen Briefes ohne Textproben aus privater Korrespondenz hält er für nahezu ausgeschlossen. Interessant ist, dass das nur als Fotokopie erhaltene Dokument kein Eingangsstempel ziert – einen solchen hätte ein Geheimdienst insbesondere auf einer Fotokopie ungleich leichter fälschen können, als die geschriebene Sprache einer anderen Person überzeugend zu simulieren. Drommels von der Politik unerwünschten Ergebnisse wurden in der kriminalistischen Fachpresse nicht infrage gestellt. Letztes Jahr verteidigte er seine Analyse in seinem Buch „Der Code des Bösen“.

Drommels Ausführungen inspirierten mich zu einer Recherche zum angeblich gefälschten Barschel-Brief.

PS: Anlässlich des 25. Todestages liest Drommel aus seinem Buch am 11.Oktober, 19.30 Uhr in der Buchhandlung Schiller, Festungstraße 21A  97631 Bad Königshofen.

6. Oktober 2012

Gasland / Promised Land

Vor ein paar Jahren erfuhr ich auf einem Piratenstammtisch zum ersten Mal von einer Technologie namens „Phracking“, mit der in den USA durch Einsatz von Chemie Erdgas förderbar gemacht und das Grundwasser und Atmosphäre verseucht wird. Politisch möglich gemacht hatte dies ein erfolgloser Erdöl-Unternehmer namens George W. Bush. Auch hier in NRW wollten die Konzerne bohren.

Damals wurde auch auf den preisgekrönten Dokumentarfilm „Gasland“ hingewiesen. Gerne hätte ich mich damals im Internet über den Film informiert, aber der Filmemacher fand es wichtiger, seinen Film konventionell zu verkaufen und betrachtete das Internet offenbar als Gefährdung seines Geschäftsmodells. Überzeugender agierte seinerzeit Michael Moore, der gegen die Verbreitung von „Fahrenheit 9/11“ im Internet bewusst nicht vorging, sondern im Gegenteil seine politische Message verbreitet wissen wollte. Ob „Gasland“ ein Verkaufsschlager wurde, weiß ich nicht. Dokumentationen sind normalerweise kein DVD-Geschäft, insoweit laufen eigentlich nur Guido Knopps Hitler-Videos und Special Interest wie Eisenbahnfilme (ja wirklich!). Wer bereit ist, Geld für eine Gasland-DVD auszugeben, ist vermutlich ohnehin schon davon überzeugt, dass Phracking kein Gewinn für die Umwelt ist.

Die Lösung für den Konflikt, dass ein Dokumentarfilmemacher ein legitimes Interesse an Kompensation seiner Produktionskosten sowie auch einem gewissen Gewinn hat (der muss ja auch von etwas leben) hätte im Verkauf von Sendelizenzen bestanden. Zumindest im hiesigen öffentlich-rechtlichen TV wäre dies sogar der Programmauftrag, denn das Thema ist politisch wichtig und liegt defintiv im Interesse der Öffentlichkeit.

Doch das Netz lässt sich durch „Luxus“ wie Urheberrecht nicht wirksam beeindrucken. Nachdem ich „Gasland“ ein wenig googlete, fand ich ein Streaming-Angebot über eine etwas windige Website namens movie2k.to. Dort rechtfertigen sich die Betreiber wie folgt:

Ist m2k legal?
Nach unserem Empfinden ist m2k legal und darüber hinaus dem Gemeinwohl förderlich. Wie bieten vielen Menschen – unseren Besuchern – eine Sammlung von Links zu Filmen und Serien, die sie sehen wollen. Die auf den Streaming-Hostern gelagerten Filmdateien sind unabhängig von uns verfügbar; unsere Leistung besteht lediglich darin, den filminteressierten Menschen die Suche nach dem, was sie sehen wollen, erheblich zu erleichtern. Auf m2k befinden sich allein die Verweise, also die Links zu den Filmen, nicht die Filme selbst.

(…) Man darf nicht vergessen, dass unsere Besucher für das Ansehen-dürfen dieser Filme in gewisser Hinsicht bereits bezahlt haben, nämlich durch die Entrichtung der GEZ-Gebühr, die zu zahlen jeder Haushalt mit Rundfunkgeräten, zu denen Computer und Notebooks in der Regel gezählt werden, verpflichtet ist.

Letzteres wird wohl für die Gasland-Macher nicht zutreffen, da Gasland ja meines Wissens nicht in Deutschland gezeigt wurde (stattdessen wollen wir ja anscheinend Hitler-Dokus). Aber wenn wir Computer-Nutzer schon mit Zwangs-PayTV belegt werden, dann wäre es doch ganz nett, wenn wir auch über Programm und Verteilung der GEZ-Gebühren (bzw. demnächst der Haushaltsabgabe) mitbestimmen dürften. Und da würde ich Gasland einen stattlichen Anteil gönnen.

Übrigens hat inzwischen nun auch Hollywood das Thema aufgegriffen. „Promised Land“ schafft es demnächst ins Kino und wird vermutlich die konventionelle Verwertungskaskade durchlaufen (DVD-Verleih, Kauf-DVD, TV). Wer etwas wichtiges zu sagen hat, sollte also besser gleich Fiktion produzieren …

2. Oktober 2012

Rechtsschutz für Internetstreitigkeiten

Die ARAG bietet für 9,90 € einen Rechtsschutz in Sachen Internet – inklusive „Rufretter-Service“. War es bisher für Privatpersonen unerschwinglich, den im Internet beschmutzten eigenen Ruf oder sich selbst gegen Cybermobbing zu verteidigen, tritt nun die ARAG mit einer neuen Angebot auf den Plan. Auch umgekehrt will die ARAG Bloggern und Forennutzern helfen, das Grundrecht auf Meinungsfreiheit adäquat zu nutzen, was zum finanziellen Risiko werden kann.

Derzeit können sich nur vermögende Personen Rechtsstreite im Bereich des Persönlichkeitsrechts leisten, oder aber solche, die Prozesskostenhilfe bewilligt bekommen. In den konventionellen Rechtsschutzversicherungen wird das Internetrecht überwiegend ausgeklammert. Sollten also künftig derartige Verfahren für Otto Normalverbraucher erschwinglich werden, dürfen sich die Gerichte auf „rechtsschutzversicherte Kläger“ gefasst machen, sprich: einen explosionsartigen Anstieg entsprechender Fälle. Mir soll es recht sein … ;-)

Für politische Fälle und anderes, das nicht dem privaten Bereich unterfällt, will die Versicherung jedoch nicht einspringen. Der dieses Jahr gegründete Verein „Speakers‘ Corner“, der entsprechende Prozesse gegen Feinde der Meinungsfreiheit finanzieren soll, wird also auch künftig noch gebraucht werden.

1. Oktober 2012

Mosley ./. Google am Landgericht Hamburg

Auch Herr Mosley hat sich im rechtsfreien Raum B 335 des Landgerichts Hamburg eingefunden und in eine Schlange der Herrschaften eingereiht, die Google das Verbreiten unangenehmer Websites mit unangenehmen Wahrheiten verbieten will, die längst jeder interessierte kennt. Während die Abenteuer des Herrn Mosley mit gutem Recht Privatsache sind (oder vielmehr waren), ist es der erstrebte Eingriff in die Autonomie der Suchmaschine Google nicht ohne weiteres.

Gegen Google wird häufig angeführt, dass die Suchmaschine ja durchaus Filter einsetze, etwa die Verlinkung von Websites mit Kinderpornographie nach Möglichkeit vermeide. Tatsächlich gibt es durchaus sensible Daten, die böswillige Mitmenschen unter dem Deckmantel der Anonymität ins Netz stellen, bei denen man es nicht zulassen kann, dass die Betroffenen bloßgestellt werden. Ich hatte mal einen Fall betreut, bei dem offenbar ein zur Scharlatanerie neigender „Therapeut“ extrem sensible Informationen und Briefe seiner Ex-Patientinnen anonym ins Netz stellte. Die problematische Frage ist, wo man die Stellschraube ansetzen soll, und wo Zensur anfängt. Gewisse Medienanwälte etwa kennen bei Ihren Unterlassungsbegehren schon im konventionellen Presserecht keine Schamgrenze und verunmöglichen damit sinnvolle Kommunikation.

Kommenden Freitag wird an gleicher Stelle auch ein gewisser Herr Dr. Klehr wieder sein Glück gegen Google versuchen. Herr Dr. Klehr ist verärgert darüber, dass Google auf eine anonyme Website namens „Esowatch“ verlinkt. Als vor einem Jahr die erste mündliche Verhandlung lief, hatte selbst der Vorsitzende Richter Herr Buske dem forschen Kläger signalisiert, dass die von ihm als unwahr geschmähten Informationen nicht so unwahr erscheinen, als dass man Google bitten müsse, da mal drüber zu gehen. Nunmehr hat die Besetzung der Kammer gewechselt. Wie kürzlich das Titanic-Magazin herausfand, ist die aktuelle Vorsitzende bisweilen päpstlicher als der Papst.