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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Drohnen-Fotos und das Persönlichkeitsrecht (UPDATE)

In Lüchow-Dannenberg setzte die Polizei u.a. mit Kameras ausgestattete Minihubschrauber ein, was anfangs – angeblich aus Unkenntnis – abgestritten wurde. Bei SPON kann man lesen:

Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg kritisiert, die Proteste gegen den Atommüll-Zug seien mit Hilfe der leisen Drohne ausgespäht worden. Dies ist ihrer Auffassung nach rechtlich äußerst problematisch, weil „Fotos und Videoaufnahmen das Persönlichkeitsrecht von Demonstranten verletzen“. Eine Sprecherin der niedersächsischen Polizei entgegnete, es sei noch nicht sicher, ob Menschen abgelichtet worden seien.

Bei öffentlichen Veranstaltungen dürfen Menschen grundsätzlich fotografiert werden, auch aus der Luft.

UPDATE: Laut § 12a Versammlungsgesetz Niedersachsen darf nur gefilmt werden, „wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen.“

Problematisch ist allenfalls ebenfalls, inwiefern – wie bei anderen öffentlichen Kameras auch – ein Hinweis auf die fliegenden Augen erfolgen müsste, typischerweise durch Schilder, was bei fliegenden Drohnen unpraktikabel erscheint. Ansonsten wäre das nämlich „verdecktes Fotografieren“, was in § 32 Abs. 2 des niedersächsischen Polizeigesetzes nur

zulässig [ist], wenn die offene Anfertigung dazu führen kann, dass die Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten an anderer Stelle, zu anderer Zeit oder in anderer Weise begangen werden.

Da hier der zuständige Einsatzleiter zunächst dementierte, wird man wohl kaum von Hinweis auf die Kamera reden können.

Der Vorgang des Fotografierens allerdings ist grundsätzlich zulässig, außer in militärischen Sicherheitsbereichen, in Gerichtsverhandlungen, sowie an Orten, die dem höchstpersönlichen Lebensbereich zuzuordnen sind, § 201a StGB. Aufgrund des § 201a StGB wäre es illegal, mit solchen fliegenden Augen in Wohnungen im zweiten Stock hineinzufilmen, wo sich die Bewohner unbeobachtet fühlen, wie es im SPON-Artikel anklingt. Der Staat (also die Polizei) hätte zusätzlich die grundgesetzlich (im Prinzip) garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 GG zu beachten.

Inwiefern die Polizei solche Fotos archivieren und nutzen darf, ist eine andere Frage, die durch die Polizeigesetze der Länder zu klären ist. Das hier einschlägige Polizeigesetz von Niedersachsen war „zur WM 2006“ verschärft worden, wobei man das Entschärfen dann wohl „vergessen“ hat.

Eine ganz andere Frage ist wiederum, ob diese Bilder öffentlich verbreitet oder zur Schau gestellt werden dürfen, was der Staat etwa zu Fahndungszwecken darf, vgl. § 24 KunstUrhG. (Fotos von Demonstrationen darf übrigens jedermann veröffentlichen, § 23 Abs. 1 Nr.3 KunstUrhG, soweit nicht ein berechtigtes Interesse des Betroffenen gemäß Abs. 2 verletzt wird.)

Es ist allerdings polizeitaktisch höchst fragwürdig, Menschen in Ausübung ihres Grundrechts auf Demonstration zu filmen, denn das provoziert Vermummung, die man ja auch nicht haben will. Und was besonders ärgerlich ist: Wenn solche Aufnahmen Polizisten bei Straftaten zeigen, gehen die auffällig oft verloren … Und wenn man dann solche fliegenden Spione gegen das eigene Volk einsetzt und das dann noch kackfrech dementiert, dann schafft das nun einmal kein Vertrauen. Warten wir ab, bis es der erste Innenminister für „unverzichtbar“ hält, die Drohnen zu bewaffnen!

Siehe auch bei Stadler.

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Autor:
admin
Datum:
16. November 2010 um 22:00
Category:
Allgemein,Medienmanipulation,Medienrecht,Meinungsfreiheit,Persönlichkeitsrecht,Politik,Überwachung
Tags:
 
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