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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Der unberührbare Busen der RTL-Chefin

Gerade ist Stefan Niggemeier wieder heftig am Schimpfen. Der war vor ein paar Jahren von RTL unter Anklang rechtlicher Konsequenzen gebeten worden, einen Screen-Shot zu entfernen, der RTL-Chefin Dr. Schäfferkordt im Kampf mit einem ungünstig sitzenden Textil zeigte. Die Dame gibt in Interviews ja zum Besten, sie sei schüchtern.

Nun kritisiert Niggemeier den RTL-Voyeurismus bzgl. eines 18jährigen Barden, der sich vor dem Sängerwettstreit auf der Toilette „beim Abtropfen“  nicht die erforderliche Ruhe gegönnt hatte, woraus ein Fleck auf der Hose resultierte. Da sich der Barde nicht in zivilisierter Umgebung befand, wo man derartiges wie Gentlemen übersehen hätte, sondern einem RTLümmel gegenüber saß, wurde er durch den Fernsehwolf gedreht. Medienunerfahrene Zuschauer dürfen bloßgestellt werden, die hieran gut verdienende Chefin hingegen hat Anspruch auf eine Glasglocke – sie gebietet ja einer ganzen Rechtsabteilung, die wiederum teuerste Anwälte dirigiert.

Alte Geschichten

Ach, die Frau Anke Schäfferkordt! Vier Jahre ist es jetzt schon her, als ich die persönlich geladene RTL-Chefin am Oberlandesgericht Köln empfangen wollte. Sie hat einfach gekniffen und kam nicht, so dass auch ich keine Expertise über deren Oberweite erstellen kann. Manche sind halt gleicher. Doch ihre Jungs fürs Grobe kamen – und vielen auf die Schnauze. Auch in Köln wird nur mit Wasser gekocht! ;-)

Der Fall war ähnlich. (Das Glanzstück meiner Memoiren muss ich hier mindestens einmal im Jahr wieder ausbreiten!) RTL hatte einen Künstler in dessen Garderobe, ein Hotelzimmer, mit versteckter Kamera beim Umziehen gefilmt, wobei dieser beim sich Abstützen abgerutscht war. Dummes TV für dumme Menschen, gemacht von – geschenkt.

Das eigenartige aber war, dass die RTLümmel dem Mann kurz vor der Aufnahme einen Zettel zum Unterschreiben reichten, verbunden mit dem Hinweis, dies sei das Übliche, die Exklusivitätsvereinbarung, die man für sechs Wochen einzuhalten hat. Auf dem Zettel aber stand ungeheures:

… überträgt sein Persönlichkeitsrecht auf RTL Televisions GmbH.

Öhm, tja …

Sowas mag Rechtslaien beeindrucken. Tatsächlich jedoch ist Persönlichkeitsrecht (unter Lebenden) nicht übertragbar. Und da es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, findet auch keine geltungserhaltende Reduktion statt.

Die RTLümmel hatten sich dann noch damit herauszureden versucht, der Mann hätte ja in die Mitwirkung an einer TV-Show eingewilligt, da wären versteckte Kameras inbegriffen. Tatsächlich hatte der Mandant nur eine künstlerische Leistung angeboten und gemäß § 22 KunstUrhG nur in solche Aufnahmen eingewilligt, die ihm bekannt sein konnten – sonst nämlich fehlt es an der Voraussetzung für eine wirksame Willenserklärung. Letzteres ist trivialer Erstsemester-Kram.

Die größte Sauerei war jedoch gewesen, dass man dem bloßgestellten Mann anbot, er könne am Freitag nach Köln kommen, um dort beim Schnitt das Schlimmste zu verhindern. Gesendet hatte man es dann am Donnerstag …

Das eigentlich Erstaunliche ist, dass RTL am Landgericht Köln mit dieser „Argumentation“ durchgekommen war, was ich mal besser nicht vertiefen will.

Worüber RTL übrigens entscheidend gestolpert war: Die hatten meinem Mandanten keinen Cent Honorar gezahlt. Wären die etwas großzügiger gewesen, dann hätten wir nämlich die Beweislast für das Vorliegen einer Einwilligung gehabt, vgl. § 22 S. 2 KunstUrhG. :-P

Zum Fall des Barden:

Da der RTLümmel die Theorie aufstellte, der Kandidat habe sich in die Hose gemacht, und damit RTL offenbar wider besseres Wissen eine falsche Kausalkette verbreitete, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht betrifft, dürfte es durchaus juristische Chancen geben. Doch wie ich die RTL-Rechtsabteilung kenne, werden die es wieder drauf ankommen lassen. Schon deshalb, weil der junge Mann vermutlich nicht über die finanziellen Ressourcen verfügt, einen solchen Rechtsstreit durchzuziehen.

Wie ich von einem Künstler weiß, der bei einer RTL-Casting-Show teilgenommen hatte, wird da gnadenlos zusammengeschnitten. Die sind so schmerzfrei, dass die sogar Jubelgeschrei und ausbuhen „auf Halde“ aufnehmen, um es bei Bedarf reinzuschneiden. In diesem Blog hier habe ich noch eine schöne Casting-Vereinbarung gefunden:

“Ich verpflichte mich mit meiner Unterschrift verbindlich zur Teilnahme an der Produktion.”

“Sollte ich nach dem Casting zum ‘Bootcamp’ eingeladen werden, werde ich dem Produzenten schnellstmöglich auf eigene Kosten ein aktuelles polizeiliches Führungszeugnis sowie ein allgemeinmedizinisches Attest, ein Attest eines HNO-Facharztes (beide Atteste nach Vorgabe des Produzenten) übersenden und einen gültigen Reisepass vorlegen.”

“Ich übertrage auf den Produzenten auch alle Rechte für unbekannte Nutzungsarten.”

“Interviews sind nur nach vorheriger Absprache gestattet. Sollte sich die Presse mit mir in Verbindung setzen, verpflichte ich mich, diese an die Presseabteilung von RTL oder VOX zu verweisen.”

“Reisekosten (…) werden von dem Produzenten ausnahmslos nicht übernommen.”

“Ich erhalte für meine Teilnahme an der Produktion und Rechteübertragungen keine Vergütung.”

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