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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Landgericht Hamburg gibt justizkritisches Buch wieder frei

Die von mir so geschätzte Pressekammer des Landgerichts Hamburg hat ihre umstrittene einstweilige Verfügung (bekannt geworden im Januar 2009) aufgehoben, in der sie die Verbreitung des „Im Zweifel gegen die Angeklagten. Der Fall Pascal – Die Geschichte eines Skandals.“ der bekannten Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen verboten hatte.

Die Bundesvereinigung der Fachanwälte für Strafrecht hatte seinerzeit Richter Buskes seltsames Verbot heftig kritisiert:

Die Bundesvereinigung der Fachanwälte für Strafrecht e.V. erklärt ausdrücklich das Unverständnis für die Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg. Letztlich würde die Konsequenz aus dieser Entscheidung sein, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit auf unerträgliche Weise eingeschränkt wird. Einer der Verteidiger in dem besagten Verfahren, Rechtsanwalt Walter Teusch aus Saarbrücken, hat der Bundesvereinigung der Fachanwälte für Strafrecht e.V. gegenüber nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die Buchautorin Gisela Friedrichsen ausschließlich Informationen verwertet hat, die Gegenstand der öffentlichen Hauptverhandlung geworden sind, so dass diese Entscheidung einem Verbot gleich käme, darüber zu sprechen, was man als Zuschauer eines öffentlichen Verfahrens erfahren hat.
Quelle: openpr.de

Nunmehr hat das Landgericht Hamburg einen Rückzieher gemacht, wie beim inzwischen zum Inventar der Pressekammer gehörenden Chronisten nachzulesen ist. Offenbar ging es um Fragen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten minderjähriger Zeugen, die über Sachverhalte aus der Intimsphäre befragt wurden. Das Buch richtete sich jedoch nicht an den breiten Boulevard, sondern an ein kriminologisch interessiertes Fachpublikum. Thema der Autorin waren Suggestivfragen, die gerade bei Kindern hochproblematisch sind.

Es gibt sehr gute Gründe, die ungestörte Entwicklung von Kindern zu schützen. Aber es gibt aber eben auch das Prinzip der Gerichtsöffentlichkeit. Es mag Autoren zuzumuten sein, Zeugen zu anonymisieren und entsprechendes Fingerspitzengefühl zu wahren und die Gerichtsöffentlichkeit nicht zur reißerischen Boulevardberichterstattung zu missbrauchen. Vorliegend kann wohl nicht ansatzweise hiervon die Rede sein.

Wann wird das Landgericht Hamburg endlich akzeptieren, dass es in Karlsruhe eine grundsätzliche Vermutung für die Pressefreiheit gibt?

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