Was würden Sie tun, wenn Sie Wahlkampf für eine Partei machen, deren Wähler sich vor jedem Essen anstatt bei ALDI bei ihrem Gott bedanken und dessen außerehelichen Sohn zum Mitessen einladen – 2.000 Jahre nach dessen Ableben? Wie man aus repräsentativen Meinungsumfragen weiß, wird Ursula von der Leyens Internetsperrengesetz in erster Linie von bildungsfernen und älteren Bürgern getragen. Zensursula hat also bzgl. ihrer CDU-Klientel alles richtig gemacht.
Wen soll man denn eigentlich dieses Jahr wählen? Die Grünen, die während ihrer Regierungszugehörigkeit neue Rekorde in Sachen Doppelmoral gebrochen hatten? Oder die Liberalen, die sich nicht einmal eine Moral leisten? Völlig egal, denn die vier genannten Parteien werden von den gleichen Lobbyisten beliefert, also kommt auch das gleiche raus.
Bliebe übrig die Linkspartei, die in ihrer Struktur allerdings auch nichts anderes als eine konventionelle Partei ist, die sich mit Postenschachern, Geldverteilen und innerer Auseinandersetzung aufreibt – und bei Regierungsbeteiligung nichts Beeindruckendes geleistet hat.
Ich habe neulich bei der Europawahl von meinem Wahlrecht Gebrauch gemacht, in dem ich nicht gewählt habe. Von den gegenwärtigen Bewerbern ist kein einziger meine Stimme wert. Aber seit heute hat ja die Piratenpartei ja nun ein Bundestagsmandat. Könnte interessant werden.
UPDATE:
Meine Einschätzung der Oppositionsparteien war offenbar noch zu optimistisch: Wie Telepolis berichtet, haben sich viele Grüne enthalten, der FDP-Chef hat ebenfalls versagt, die Linkspartei glänzte in dieser wichtigen Abstimmung zum erheblichen Teil durch Abwesenheit.
Ein englischer Polizist hatte es im Schutze der Anonymität zu einem der bemerkenswertesten Blogger überhaupt gebracht, in dem er polizeiliche Einsätze kritisierte und in politische Zusammenhänge stellte. Jetzt wurde er selbst enthüllt.
Sein Versuch, selbiges gerichtlich verbieten zu lassen scheiterte, woraufhin der gute Mann sein Blog löschte. In der britischen Bloggerszene herrscht derzeit breites Entsetzen.
Der Daimler-Kritiker Jürgen Grässlin hat Grund zur Hoffnung, dass Karlsruhe abermals die absurden Redeverbote der Hamburger Gerichte, über die speziell dieses Blog häufig berichten muss, aufheben wird:
Der Bundesgerichtshof lässt Revision im Rechtsstreit
Schrempp ./. Grässlin in der Frage der Meinungsfreiheit
gemäß Art 5 Grundgesetz zu / Teilerfolg für die Meinungsfreiheit:
Schrempp-Rücktritt wird öffentlich vor dem BGH verhandelt ++
Entgegen dem Willen der Hamburger Justiz geht der Meinungsfreiheitsprozess des früheren Daimler-Vorsitzenden Schrempp gegen mich in die nächste Runde: Über einen am Bundesgerichtshof (BGH) zugelassenen Anwalt hatte ich einen Antrag auf Zulassung der Revision gegen Urteile des Hamburger Landgerichts und das Hanseatische Oberlandesgericht eingelegt. Aktuell teilte der Bundesgerichtshof (BGH) mit: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten (Grässlin) wird die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 18. Dezember 2007 zugelassen.
Der Tübinger Rechtsanwalt Holger Rothbauer, der mich in den Verfahren gegen Schrempp und auch gegen Zetsche vertritt, begrüßte den Beschluss des BGH ausdrücklich: »In Karlsruhe vor dem höchsten deutschen Zivilgericht steht nicht nur mein Mandant, sondern auch die grundgesetzlich verbriefte Meinungsfreiheit vor Gericht. In diesem Sinne stellt die Zulassung der Revision auch einen Teilerfolg für die Meinungsfreiheit in Deutschland dar.« Weitere Informationen siehe Pressemitteilung der Kritischen AktionärInnen Daimler (KAD) »Teilerfolg für die Meinungsfreiheit in Deutschland!« vom heutigen Tage.
Zur Finanzierung der vielfachen juristischen Auseinandersetzungen mit dem Daimler-Konzern haben die Kritischen Daimler-AktionärInnen einen Unterstützerkreis gegründet, einen Finanzfonds eingerichtet und bitten um Spenden (siehe hierzu www.daimler-prozesse.net).
Grässlin weist auf etwas sehr wesentliches hin: Recht bekommen kostet Geld, Energie und Ausdauer. Die notorische Bevorzugung solcher Hirngespinste wie das angeblich existierende „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ gegenüber der ungleich wichtigeren Meinungsfreiheit echter Menschen führt zu einer permanenten Nötigung von Kritikern, die durch finanziellen Druck von Prozesskosten an der Wahrnehmung ihrer verbrieften Grundrechte gehindert werden. Was muss eigentlich passieren, bis das mal die Politik begreift?
Demnächst läuft die Frist zur Unterzeichnung der Online-Petition gegen die Internet-Sperren aus.
Mal unter uns: Angesichts der gegenwärtigen Realität der elektronischen Überwachung usw. sind diese lächerlich leicht zu umgehende Pseudo-Sperre und der Protest eher ein Symbol – aber auch ein Test: Wieviel lassen sich die Leute bieten?
Die Idee, das Wissen der Menschheit kommerzfrei zusammen zu tragen und es durch Nutzung von Schwarmintelligenz kollektiv zu evaluieren, hat im Prinzip einen großen Charme.
Klein-Phi macht auch Mist
Die Stärke dieses scheinbar basisdemokratischen Projekts ist jedoch gleichzeitig seine Schwäche: die „Benutzer“ mit ihren unterschiedlichen Kenntnisständen, Ansichten und methodische (Un)Fähigkeiten. Zudem erweist sich die Wikipedia als anfällig für missionierende Neurotiker, die das Medium als Selbstzweck begreifen und die Wiki-Community als eine Art „Second live“ betrachten. Es dürfte kaum überraschen, dass viele der meistens anonymen Wiki-Helden im „First Life“ nicht viel zu melden haben.
Solche notorischen Besserwisser, die Glaubensbekenntnisse mit Wissenschaft verwechseln, können unheimlich nerven, was ernst zu nehmende Autoren entweder vergrault, oder bei vorhandenem Temperament zu Grabenkämpfen und (angeblich) persönlicher Auseinandersetzung nötigt. Sachfragen oder Kompetenz spielen bei Wiki-typischen Konflikten eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Um Wahrheitsfindung geht es übrigens schon thematisch nicht, denn es soll nur das, was ca. 7000 überwiegend anonyme Wikinger für Wissen halten („Google“), dokumentiert werden – ansonsten sei es „Theoriefindung“.
Erfahrene Wiki-Krieger heucheln einen „Neutral Point of View (NPOV)“, den es zu ehren gelte – wobei es einen solchen neutralen Standpunkt gar nicht gibt. Die gruppendynamischen Phänomene im Wikipedia-Experiment erinnern frappierend an Orwells Farm der Tiere: Zur Durchsetzung von Meinungen oder Zensur des Anderen wird wie im konventionellen Politsumpf konspiriert: Man „überzeugt“ nicht durch Argumente, sondern durch Aufdringlichkeit und die Anzahl von Unterstützern. Und wer in der Wikipedia keine Freunde hat, der generiert halt Fakes, sogenannte Sockenpuppen, die seiner Meinung „beipflichten“.
Adminpedia
Wie in anderen Irrenanstalten auch gibt es Aufseher: 300 Admins heucheln, sie seien „normale“ Benutzer, die lediglich ein paar Rechte mehr hätten, ermahnen ihre Mitmenschen, von guten Absichten der anderen Insassen auszugehen usw. Wie die Realität aussieht, hat die Stupidipedia amüsant zusammengetragen. Manche sind eben „gleicher“. Wie tragisch solche Karrieren enden und wie arrogant die Admins sogar miteinander umgehen, entnimmt man der Liste der gestrauchelten Admins und den dort verlinkten Begründungen.
Wer die Abgründe der Wiki-Wichtigtuer ernsthaft ergründen will, ist mit Günter Schulers Wikipedia-Inside (2007) bestens bedient. Was Schuler über die „Admin Mafia“ zu sagen hat, gibt zu denken. Die Reaktionen belegen, dass die Wikinger mit Kritik nicht wirklich souverän umgehen können. Dies ist fragwürdig, wenn man einem Projekt arbeitet, das von vielen als „Leitmedium“ gesehen wird, Google partiell dominiert und vielfach von konventionellen Medien adaptiert wird.
Wikipediastraf“recht“
Der Streit um Inhalte ist eine Sache. Der um Menschen eine andere. Admins dürfen stante pede einzelne Benutzer sperren, wenn sie glauben, diese hätten einen mit dem Admin befreundeten Nutzer beleidigt (was bei sachlicher Wortwahl häufig Ansichtssache ist). Und wenn sich der gesperrte Nutzer auf seiner Benutzerseite rechtfertigen will, wird dessen Benutzerseite zur Strafe komplett zensiert und der Nutzer unbegrenzt gesperrt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist im Wiki-Universum unbekannt. Früher hatte man Bücher und Menschen noch verbrennen müssen, um sie zuverlässig zu zensieren und zu entmündigen.
Die Macht des kleinen Mannes scheint Admins häufig zu Kopf zu steigen und zu nahezu sadistischer Arroganz zu stimulieren. Ein Geschmäckle bekommt das Kindertheater, wenn sich herausstellt, dass manche Admins mit den Parteien befreundet und damit befangen sind, was sich besonders leicht durch Abgleich der Anwesenheitslisten mit Wikipedia-Stammtischen feststellen lässt. Während in der Justiz jedermann einen Anspruch auf rechtliches Gehör hat, dem Angeklagten das „letzte Wort“ zusteht und Strafen nur als ultima ratio eingesetzt, gelten in der Subkultur der Wikipedia rustikalere Maßstäbe: Erst hängen, dann diskutieren – wobei sich der Betreffende wegen Sperrung nicht zur Wehr setzen kann.
Brain Drain
Die Karawane der Benutzer, die ihre Mitarbeit beendet haben, wird täglich länger.
Wie im Odem.Blog schön aufbereitet ist, hat die bislang vollmundige Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP hin ihr abgrundtiefes Unwissen offenbart. Selbst bei so trivialen Dingen wie die Frage, in welchen Ländern Kinderpornographie nicht strafbar sei, musste die Regierung, die genau dieses beklagt und unzählige Juristen beschäftigt, passen. Hier ein Kommentar des Kollegen Udo Vetter vom lawblog.
Im obigen Video trägt ein Abgeordneter der Linkspartei, der gut recherchiert hat, zur Versachlichung der CDU-Paranoia bei. In ähnliche Richtung argumentiert der Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen.
Die Kulturnation Frankreich drohte sich mit einem von der Lobby aufgedrückten Gesetz lächerlich zu machen, in dem gegen Filesharing durch Sperrungen und offensiven Einsatz von Strafen vorgegangen werden sollte. Nun haben die französischen Verfasssungsrichter diesen kulturellen Rückschritt gekippt. Das im Mai verabschiedete Gesetz verstoße gegen die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789. Das Gericht meint, die darin enthaltene Kommunikationsfreiheit umfasse auch die Freiheit des Zugangs zum Internet.
Man darf gespannt sein, ob die Franzosen sich die derzeit von der Regierung geplanten Sperrwünsche der französischen Zensursula bieten lassen werde. Vive la révolution!
Auch beim Mautsystem hieß es ursprünglich, es sei rein zu Verkehrszwecken gedacht. Inwzischen forderte Schäuble ja ganz offen, das System auch zur polizeilichen Überwachung zu nutzen, wozu es ganz offensichtlich ausgestattet und wohl auch konstruiert wurde. Unter Hinweis auf die Erfahrung mit den Kollegen mit Verfassungsschutz und BND möchte man kaum die Hand dafür ins Feuer legen, dass die Nachrichtendienste das System nicht schon längst nutzen …
Ein Sänger bekam von der Hamburger Pressekammer 40.000,- Euro Geldersatz („Schadensersatz“, „Schmerzensgeld“) zugesprochen, weil man Nacktfotos vom FKK-Urlaub geschossen und verwertet hatte. Nach Auffassung der Beklagten seinen die dramatischen Stellen jedoch unkenntlich gemacht.
Der Fall selbst ist nicht neu, denn einer bekannten Autorin und dann einem Spitzenpolitiker war bereits ähnliches widerfahren.
Geld gibt es in solchen Paparazzi-Fällen aber nur dann, wenn von einer „schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung“ ausgegangen werden muss. Hier ist das Landgericht Hamburg sehr großzügig, wird aber häufig von BGH und Bundesverfassungsgericht wieder aufgehoben. Ist den Hamburger Richtern allerdings egal.
Maßgeblich war vorliegend, dass die Fotos in „örtlicher Abgeschiedenheit“ entstanden waren. Im Urteil heißt es:
Die streitgegenständlichen Fotos greifen in die Intimsphäre des Klägers ein. Sie stellen ihn vollständig unbekleidet dar. Trotz gewandelter Moralanschauung liegt bei einer ungerechtfertigten Verbreitung von Aufnahmen des unbekleideten Körpers in aller Regel ein Eingriff von erheblichem Gewicht vor (vgl. Soehring, Presserecht, 2. Auflage 1995, Rz. 32.21). Der Umstand, dass ihm von der Beklagten in der Zeitschriftveröffentlichung über Teile seines Schambereichs ein Laubblatt aufgezeichnet worden ist, vermag dies nicht maßgeblich zu ändern. Für den Betrachter ist zu erkennen, dass der Kläger unbekleidet ist. Der Kläger steht erkennbar entblößt dar. Dieser Eindruck wird durch die Textberichterstattung noch verstärkt, in der es in Bezug auf den Kläger heißt: (more…)
Umstritten ist nun ein von Ihnen recherchierter Fall in Leipzig. Das dortige Landgericht hat verfügt, dass der Name eines Leipziger Gastronomen in Ihrem Buch geschwärzt werden muss. Ist es für Sie eine Tatsache oder nur ein Verdacht, dass diese Person mafiosen Strukturen zuzuordnen ist?
Roth: Es geht nicht darum was ich glaube sondern was das Bundeskriminalamt festgestellt hat. Und das hat, aufgrund der Kooperation mit der Staatsanwaltschaft, festgestellt, dass die von mir im Buch genannte Person diese Beziehungen hat. Darüber zu berichten ist notwendig.
Warum stuft die Justiz in diesem Fall das Interesse des Klägers höher ein als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit? Roth: Ich glaube die Justiz im Allgemeinen hat immer noch nicht verstanden was a. Mafia ist und b. welche Bedrohung von ihr ausgeht. Daher wiegt das Persönlichkeitsrecht höher als die Berichterstattung über schwerwiegende Verdachtsmomente. (more…)