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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


15. April 2009

Klinsmann ./. TAZ

In unserer reizüberfluteten Medienwelt wird es für die Presse immer schwieriger, Aufmerksamkeit zu erreichen. Also muss man schon der Taktik wegen provozieren, will man wahrgenommen werden. Dies ist gerade der TAZ mit einer vergleichsweise harmlosen Fotomontage gelungen. So hatte man passend zur Karwoche das Portrait des derzeit glücklosen Bayern-Trainers in eine Szene der Kult-Satire „Live of Brian“ projiziert und ihn „gekreuzigt“.

Der so gescholtene hat offenbar keine anderen Sorgen, als sich zutiefst beleidigt zu fühlen. Er sei „Objekt und gleichzeitig Opfer blasphemischer Angriffe, die ihn zutiefst und massiv in seiner Menschenwürde und in seinem – auch religiösen – Persönlichkeitsrecht verletzen“.

An Prozessorten wie Hamburg oder Berlin wäre ein Achtungserfolg der Klinsmann-Anwalt nicht völlig ausgeschlossen. Aber angesichts der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Satire und der Zähigkeit des TAZ-Hausanwalts wäre Klinsmann beraten, seine Energien auf die Nöte des FC Bayern zu konzentrieren. Bei der TAZ jedenfalls führte die uncoole Reaktion des Bayerntrainers zu Heiterkeitsausbrüchen.

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10. April 2009

„Die ganze Härte des Gesetzes“ oder: Vorsicht, Falle!

Grundsätzlich gebührt meine Sympathie ja den Verbraucherschützern.

Aber nicht jeder „Verbraucherschützer“ ist auch wirklich einer – sagen ironischerweise Leute, sie sich „Verbraucherschützer“ nennen und gegen ander „Verbraucherschützer“ wettern.

Wie OpenPR zu entnehmen ist, hat ein „Verbraucherschutz Internet Verein“ aus Augsburg am Landgericht Krefeld eine einstweilige Verfügung gegen einen Menschen erwirkt, der den Verein anonym „im Internet“ und in „Internetforen“ diffamiert haben soll. Was der gute Mensch denn gesagt und worum es ging, erfährt der geneigte Leser aus dieser Pressemeldung leider nicht. Aber es ist kaum anzunehmen, dass die Eloquenz dieses Zeitgenossen geringer sein könnte als die dieses ominösen Verbraucherschutzvereins. Denn wenn man sich den provinziellen Ton der Pressemeldung des Vereins antut, der wie ein neurotischer Krawallrentner mit der „ganzen Härte des Gesetzes“ droht, dann fragt man sich schon, wie man selbigen ernst nehmen soll.

So rühmlich ja das Anliegen des Verbraucherschutzes sein mag, vor Fakes und Fallen im Internet zu warnen, aber eine unfreiwillig komischere Seite als die vom Verein beworbene Website vorsicht-falle.tv habe ich unter dem Label „Verbraucherschutz“ noch selten gesehen.

Die Heiterkeit beim Betrachten dieser Website stellt sich vor allem dann ein, wenn man es bis zu dem Punkt schafft, an dem man sich dort über die Kritik einer Website aufregt, die da heißt http://bekloppte-im-internet.blogspot.com/!

Mit diesem Eigentor nicht genug verlinkt der Verein auch noch die Website eines weiteren Kritikers. Und wenn man den Vereinsnamen dann mal ein bisschen googlet, findet man auch schnell das Blog des Antragsgegners, der sich offenbar mit dem klassischen äußerungsrechtlichen Problem mit der Bezeichnung „kriminell“ konfrontiert sieht. Ob dieses Kompliment von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, wird von den Gerichten unterschiedlich gesehen.

Meine Theorie: „vorsicht-falle.tv“ muss selbst ein Fake irgendwelcher Scherzbolde sein. Für diese Theorie spricht, dass im Impressum jemand namens „Born“ firmiert. Das könnte einerseits ein Hinweis auf „Borniertheit“ sein, andererseits könnte es auch eine Anspielung auf den Borderline-Journalisten Michael Born, der für „sternTV“ Pseudonachrichten fälschte. Oder meinen die Augsburger vielleicht den Autor Nicolas Born, der den verfilmten Roman „Die Fälschung“ schrieb? Sind wir vielleicht alle Marionetten der Augsburger Puppenkiste? Man weiß es nicht!

(Werde ich dafür jetzt auch verklagt? Man wird sehen …)

9. April 2009

Humanistischer Verband Deutschlands ./. FAZ

Der Humanistische Verband Deutschlands wehrt sich gegen die Berichterstattung der FAZ. Der für provokanten Stil bekannte Autor Max Biller hatte unter der Überschrift „Deutsche deprimierende Republik. Die Ossifizierung des Westens“ über den Verband behauptet, „dass viele seiner Mitglieder SED-Ossis wären und tief drin noch seien“, was nun per einstweiliger Verfügung vom Landgericht Berlin untersagt wurde.

Der Verband scheiterte jedoch am Landgericht Berlin mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen eine Polemik, in der das vorgeschlagene Schulfach „Lebenskunde“ von der FAZ als „Hassfach“ tituliert wurde.

Die Verve der FAZ gegen den Humanistischen Verband muss man wohl vor dem Hintergrund jüngerer presserechtlicher Auseinandersetzungen sehen: Eine andere Autorin der FAZ hatte sich letztes Jahr nicht gerade durch eine solide Recherche hervorgetan. Im Februar musste die FAZ Behauptungen zurücknehmen und eine Gegendarstellung abdrucken.

Wenn Politik und Religion im Spiel sind, ist Hoffnung auf sachliche Auseinandersetzung tendenziell eher unberechtigt. Aber die stockkonservative FAZ sah sich sogar herausgefordert, sich unter ihr eigenes Niveau zu begeben und ihren nicht gerade durch feinsinnigen Anstand aufgefallenen Schreiber Maxim Biller in Stellung zu bringen. Der etwa war in seinem umstrittenen Schlüsselroman „Esra“ mit Intimitäten über seine Ex-Freundin und Kolportagen über deren Mutter hausieren gegangen. Das Buch war damals wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechte verboten worden und hatte eine Diskussion bzgl. der Grenzen von Kunstfreiheit ausgegelöst, die Biller nun erneut auslotet, diesmal auf der Theaterbühne.

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8. April 2009

Petra Reskis „Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern“ wird zensiert

Das Oberlandesgericht München hat eine Berufung der Mafia-kritischen Autorin Petra Reski und der Verlagsgruppe Droemer Knaur gegen die vom Landgericht München am 13. November 2008 erlassene einstweilige Verfügung zurückgewiesen. Die Verhandlung wegen unliebsamer Äußerungen in ihrem Buch „Mafia. Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern“ musste unter Polizeischutz durchgeführt werden.

Der Autorin bleibt nun eine Passage aus dem Buch verboten, an denen sich ein Gastronom störte. Der Verlag spricht von einem „schwarzen Tag für die Pressefreiheit.“ Das Buch ist mit Schwärzungen allerdings noch weiterhin erhältlich.

Bei einer anderen Verhandlung, diesmal am Landgericht Duisburg, kommentierte DIE ZEIT:

[Der Antragsteller], der aus San Luca stammt, machte bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Duisburg jedoch einen überraschenden Vorschlag: Gegen eine Zahlung von 10000 bis 15000 Euro dürfe das Buch unverändert im Umlauf bleiben. »Vermutlich geht es darum, hier schnelles Geld zu machen und weniger darum, Persönlichkeitsrechte zu wahren«, erklärt Reskis Verlag Droemer Knaur.

Heute läuft in dieser Sache am OLG Düsseldorf die Berufungsverhandlung.

Petra Reski hat übrigens ein eigenes Weblog, in dem über die laufenden Rechtsstreite berichtet wird: Reskis Republik.

Update:

Auch das OLG Düsseldorf bestätigte ein Schwärzungsverlangen. Es sei unter Rückgriff auf 10 Jahre alte, jedoch ergebnislose Akten und Hinweis auf ein Verwandtschaftsverhältnis ein ehrverletzender Verdacht geäußert worden.

Im Presserecht ist es nun mal so, dass bei einem Verdacht grundsätzlich der Äußernde die Beweislast trägt. Faktisch heißt dies, dass man einen Verdacht praktisch nur dann äußern kann, wenn er bewiesen ist – also kein Verdacht mehr ist. Nur in extremen Ausnahmefällen darf man unter Beachtung der sogenannten „journalistischen Sorgfaltspflichten“ wie gründlicher Recherche, ausgewogener Berichterstattung und Anhörung des Verdächtigten berichten.

Dass die Presse ihrer Aufgabe als Wächter und Mahner unter solchen Voraussetzungen nicht effizient nachkommen kann, liegt auf der Hand. Das Ergebnis ist eine lückenhafte und damit illusionäre Darstellung der Realität zugunsten von lichtscheuen Gestalten. Während Boulevardmedien Verstöße gegen Persönlichkeitsrechte aus Portokasse zahlen, werden seriöse Autoren durch diese Rechtsprechung hart getroffen.

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7. April 2009

Urgewald wird abgemahnt

Ein schöner Rechtsstreit auf dem Gebiet der PR und Anti-PR zeichnet sich zwischen dem Energiegiganten RWE und der relativ unbekannten Konsumkritiker „Urgewald“ ab. RWE hatte bei einer renommierten Werbeagentur eine Kampagne in Auftrag gegeben, welche sich der Bildsprache der NDW-Gruppe „Trio“ bedient. „Urgewald“ parodierte den Auftritt, was Post vom Anwalt der Agentur einbrachte. Auf die Abmahnung hin gab die Urgewälder nicht klein bei, sondern konterten den Angriff offensiv.

Bis zu diesem Rechtsstreit hatte ich von „Urgewald“ noch nie etwas gehört. Weshalb ausgerechnet Kommunikationsprofis wie die besagte Werbeagentur taktisch so unklug agieren, ihren Gegner ohne Not publizistisch aufzuwerten, ist nur sehr, sehr schwer zu verstehen.

Ach ja: Die Bilder da oben verstehen sich als Zitate der Beteiligten zur Illustration des politisch berichtenswerten Vorgangs! Also bitte nicht abmahnen, oder so!

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6. April 2009

Wie man mit Zensurwünschen umgeht!

Der Satiriker Martin Sonneborn, Mitherausgeber der am Landgericht Hamburg oft gelesenen Zeitschrift „Titanik“, weiß, wie man provoziert und entsprechende Unterlassungswünsche in PR umwandelt. In diesem erfrischenden Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärt er, wie er kaputt lacht, was andere kaputt macht. Sicher: Über Geschmack und Fairnis lässt sich streiten. Aber man kann sehr schön lernen, wie man sich durch Zensurwünsche lächerlich machen (lassen) kann.

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2. April 2009

„Mafialand Deutschland“ wird zensiert

Der Eichborn-Verlag muss das aktuelle Buch „Mafialand Deutschland“ des Wirtschaftskriminalitätsexperten Jürgen Roth um einen Namen schwärzen. Das hat das Landgreicht Leipzig gerade in einer einstweiligen Verfügung auf Antrag eines Leipziger Gastronomen entschieden.

Interessant ist zweierlei: Die Existenz des „Sachsensumpf“ wurde von manchen etablierten Medien infrage gestellt bzw. bestritten, wobei man es allerdings meist bei dieser Behauptung und bei Angriffen auf den Autor Jürgen Roth beließ. Überzeugend ist so eine „Kritik“ angesichts der Sachlage schwerlich, wirft aber ein interessantes Licht auf die Zuverlässigkeit unserer anegblichen Qualitätsmedien.

Ich kenne zwar die Gesamtumstände des Falles nicht, aber es erstaunt schon, dass ein Verlag das Risiko der Namensnennung eingeht. In jedem Falle wünsche ich dem Verlag Standfestigkeit und hoffe, dass die einstweilige Verfügung sich als brauchbarer Pressegag erweist, denn effiezienter als mit einem Verbot kann man Bücher kaum bewerben!

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